Ein Rückblick zur Sonderfahrt vom 01.09.2019 von Ingrid Lader -
Es ist Sonntag Morgen in Vienenburg. Vor dem Bahnhofsgebäude, dem ältesten noch erhaltenen Deutschlands, stehen etliche Leute in Erwartung des Roten Bahnbusses, um eine Nostalgiefahrt in den Harz zu unternehmen. Teilweise sind sie schon am gestrigen Tag oder heute in der Frühe von weit angereist, wie z. B. aus Pinneberg, Bremen, Frankfurt oder der Nähe von Hamburg.
Noch bevor der Bus eintrifft, gibt es ein anderes Highlight, denn auf Gleis 1 trifft zu einem kurzen Halt der Esslinger Schienenbus ein, auf der Sonderfahrt von Braunschweig nach Goslar. Er wird von den Anwesenden gebührend bestaunt und die Kameras klicken.
Dann trifft der Hauptdarsteller des heutigen Tages ein, der Rote Bahnbus mit seinem Fahrer Jürgen, gleichzeitig auch Organisator der Fahrt. Im Bus befinden sich die schon unterwegs zugestiegenen Fahrgäste. In Vienenburg werden alle mit einem Getränk begrüßt und das Team vorgestellt, das die heutige Fahrt begleiten wird. Das sind Schaffner Claus in historischer Uniform, sowie die Begleiter Ingrid, Dieter und Marcel. Später hat auch Ingrid die Gäste noch in einem historischen Outfit überrascht.
Video der Sonderfahrt von Helmut Studte
Das Eisenbahnmuseum im Bahnhof Vienenburg ist für die Gruppe geöffnet, und Helmut und seine Helfer erklären die Exponate, besonders auch im Hinblick auf den Verlauf der Innerstetalbahn, dem Ziel der heutigen Fahrt. Schon im Jahr 1838 hatte Vienenburg einen Bahnanschluss erhalten, es lag verkehrsgünstig an der ersten deutschen Staatseisenbahn von Braunschweig über Wolfenbüttel, der Weiterbau erfolgte 1840 nach Harzburg. Da bis zum Bahnhof in Harzburg eine größere Steigung zu bewältigen war, es aber noch keine geeigneten Lokomotiven dafür gab, wurden bis zum Jahr 1843 Pferde vor die Züge gespannt, die den Zug nach Harzburg hinauf zogen. Auf der Rückfahrt wurde ein für die Pferde mitgeführter Güterwagen beigestellt, und die Pferde konnten so wieder mitfahren nach Vienenburg.
Von Vienenburg aus wurde auch im Jahr 1875 eine Bahnstrecke über Grauhof nach Langelsheim eröffnet, sie war erforderlich für den Anschluss der Harzbahn, die ebenfalls schon 1875 als Teilstück bis Lautenthal gebaut wurde. Die alten Trassen ließen sich vom Bus aus noch gut erkennen.
In Langelsheim erreichte unser Bus die eigentliche Harzbahn, später auch oft als Innerstetalbahn bezeichnet durch das Flüsschen mit dem gleichen Namen. In Langelsheim waren noch ein vergessener Güterwaggon und einige alte Gleise zu sehen, auch andere Relikte wie Hektometersteine und Brücken.
An der Staumauer der Innerstetalsperre wurde an die Verlegung der ursprünglichen Strecke erinnert, die erforderlich war durch den Bau der Talsperre in den Jahren 1963 bis 1966. Der alte Bahnhof Lindthal musste dem Bau ebenfalls weichen. Die 1963 gebaute Trasse dient jetzt als Fahrradweg. Das Bahnhofsgebäude in Lautenthal gehört inzwischen zu einem Hotel.
In Wildemann fuhren wir zunächst bis zum alten Bahnhofsgebäude, jetzt auch in Privatbesitz, dann wurden die Gruppe und der zeitliche Ablauf wegen der begrenzten Platzzahl gewechselt und geteilt. Mit Zithermusik wurden die Gäste von Musiker Dieter begrüßt, die den 19 Lachter-Stollen besucht haben, wo die Helfer schon Kaffee und „Harzer Blachkuhng“ bereitgestellt hatten. „Solch leckeren Flottkuchen habe ich das letzte Mail gegessen, als meine Urgroßmutter noch gelebt und gebacken hat“, war der Kommentar eines auch schon ein bisschen in die Jahre gekommenen Fahrgastes. Und nach dieser Stärkung wurde dem alten Tunnel in Wildemann ein Besuch abgestattet, der Eigentümer hatte dankenswerterweise seine Einwilligung dafür gegeben.
Auf der Weiterfahrt ließ sich die ehemalige Bahnstrecke noch gut erkennen, auch die Deutschlandkurve und der durch eine Ampelanlage geregelte Übergang über die B 242. Die Bahnhöfe Silbernaal-Grund und Frankenscharrnhütte sind in Privatbesitz. Die Eisenbahnbrücken über die Bundesstraße sind abgerissen worden, die Bauten der ehemaligen Clausthaler Bleihütte ebenfalls und auch das Gebäude der Einersberger Zentrale, der damaligen Stromversorgung für die Preußag.
Am Kunsthandwerkerhof in Zellerfeld gab es die Möglichkeit, auszusteigen und die Zeit zu einem kleinen (Einkaufs-) Bummel zu nutzen. Die Weiterfahrt mit dem Bus erfolgte durch Clausthal, vorbei an der größten Holzkirche Europas, bis zum Ottiliaeschacht, wo die Gäste nicht nur mit einem „Oberharzer Glückauf“ sondern auch mit einem typischen „Schluck“ begrüßt wurden, bevor eine Führung durch die Anlage begann. Mit der alten Grubenbahn ging es später zurück zum Alten Bahnhof Clausthal-Zellerfeld.
Da am ehemaligen Bahnhof Clausthal-Ost derzeit Bauarbeiten durchgeführt werden, musste ein kurzer Blick aus dem Bus genügen, doch das ehemalige Stellwerk Ost war gut zu sehen und ein interessantes Fotomotiv.
Video der letzten Fahrten -1976- auf der Innerstetalbahn
Nun ging die Fahrt weiter durch das Hellertal nach Altenau, die großen Viadukte neben bzw. über der Straße wurden bestaunt, und von Fahrer Jürgen und den Reisebegleitern Ingrid und Dieter gab es viel Wissenswertes über die alte Harzbahn zu berichten. In Altenau freuten sich die Gäste über eine kurze Rundfahrt durch den Ort, dann ging es zum ehemaligen Bahnhof, wo Monique und Willem schon ein deftiges Harzer Büfett aufgebaut hatten. Neben der von Marcel aufgebauten Modellbahnanlage gab es noch Fotos und Bilder über ein Videogerät aus dem Bahnbetrieb zu sehen. Bevor die Heimreise angetreten wurde, hat Ingrid noch einige ihrer „Schmunzelgeschichten von der Innerstetalbahn“ vorgetragen.
Alle Gäste waren sich einig, dass man einen sehr interessanten und kurzweiligen und mit vielen netten Überraschungen gespickten Tag verbracht hat und bedankten sich mit viel Applaus beim Veranstalter und den Helfern. Eine an alle Teilnehmer verteilte Postkarte soll auch zu Hause noch lange Zeit an diese Fahrt erinnern.
Ingrid Lader
Folgende Bilder geben einen Teil der Zeitreise wieder: